Vorsatz oder Fahrlässigkeit bei Alkoholdelikten?

Es ist für das Strafmaß und die Sperrfrist oft nicht von großer Bedeutung, ob die Verurteilung wegen einer folgenlosen Trunkenheitsfahrt oder wegen Straßenverkehrsgefährdung wegen vorsätzlicher oder nur fahrlässiger Begehung erfolgt.

Jedoch ist das Ergebnis ausschlaggebend dafür, ob nach einer Verurteilung Deckungs- und Kostenschutz von einer für den Täter bestehenden Rechtsschutzversicherung gewährt werden muss. Die Rechtsschutzversicherung ist nämlich nur dann für die gesamten Gerichts- und Anwaltskosten eintrittspflichtig, wenn keine rechtskräftige Verurteilung wegen Vorsatz erfolgt. Aus diesem Grund lohnt es sich häufig, gegen Strafbefehle, in denen von vorsätzlicher Tatbegehung ausgegangen wird, Einspruch einzulegen, denn richtigerweise dürfte eine Vorsatzverurteilung nur in seltenen Fällen beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen erfolgen.

Bestrafung wegen vorsätzlicher Begehungsweise setzt voraus, daß der Täter im Augenblick des Fahrtantritts seine Fahrunsicherheit kannte oder aber zumindest mit ihr rechnete (und sie bei seiner Fahrt billigend in Kauf nahm).

Das Bewusstsein, angesichts der genossenen Alkoholmenge nicht mehr fahren zu dürfen, ist etwas ganz anderes ist, als das Bewusstsein, nicht mehr fahren zu können.

Auf das Vorliegen von Vorsatz kann keineswegs einfach aus der Höhe der Blutalkoholkonzentration geschlossen werden.

Der Vorsatz muß zum einen im Augenblick der Tatbegehung vorliegen, also bei Fahrtantritt. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob ein Täter mit dem Fahrzeug zum Trinken gefahren ist, denn dann hat er ja noch nicht die Absicht, sich fahruntauglich zu betrinken und dann das Fahrzeug zu benutzen, sondern er hofft, er werde noch im Zustand der Fahrsicherheit das Trinken beenden oder aber das Fahrzeug stehen lassen.

Vor allem darf aber weiterhin nicht übersehen werden, dass sich mit wachsender Trinkmenge eine starke Kritikunfähigkeit gegenüber dem eigenen Fahrunvermögen ein ("Euphorie" "Selbstüberschätzung") einstellt, weshalb gerade bei höherer BAK die eigene Fahruntüchtigkeit in der Regel völlig verkannt wird. Laut einschlägigen Veröffentlichungen haben die Ergebnisse von Trinkversuchen eindeutig gezeigt, dass die Versuchspersonen nach Alkoholgenuß ihre eigene Fahrtüchtigkeit nicht richtig einschätzen konnten, und zwar umso schlechter, je höher die Blutalkoholkonzentration war.

Fahrlässigkeit stellt sich somit bei genauerer Betrachtung als der Regelfall heraus. Allerdings können Umstände im Verhalten oder in der Person des Täters auch Anhaltspunkte für das Vorliegen von Vorsatz sein.

Indizien für Vorsatz können sein:

  • Trinken in Fahrbereitschaft
  • einschlägige Vorstrafen
  • Weiterfahrt trotz bemerkten Fahrfehlers
  • ausdrückliche Warnung vor Fahrtantritt oder bei Fahrtunterbrechung

Keine Indizien für Vorsatz müssen sein:

  • erhebliche Trinkmenge
  • Täter fährt mit Pkw selbst zur Gaststätte
  • Täter lässt sich zum Trinkort bringen, fährt dann aber doch selbst nach Hause
  • Täter flüchtet vor Polizeikontrolle
  • Zeitpunkt der Fahrt, z. B. am Geburtstag abends
  • besonders vorsichtige, langsame Fahrweise
  • Täter benutzt Schleichweg
  • Fahrweise, z. B. Schlangenlinien
  • auffälliges Verhalten bei der Blutentnahme