Grundsätze des Mitverschuldens bei einem Unfall

Hinsichtlich des Mitverschuldens sind zwei Möglichkeiten zu unterscheiden:

  1. der an sich Geschädigte kann selbst einen Beitrag zur Entstehung des Schadens geleistet haben (Mitverursachung, Mithaftung);

  2. der Geschädigte kann sich nach dem zum Schaden führenden Ereignis so verhalten haben, dass der Schaden größer wurde, als es bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt nötig gewesen wäre (Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht).

Hier wird zunächst nur auf das Mitverschulden am Zustandekommen des zum Schaden führenden Ereignisses eingegangen. Im Verkehrsrecht wird es vorwiegend darum gehen, ob auch dem auf den ersten Blick nicht oder nicht überwiegend verantwortlichen Unfallbeteiligten ebenfalls ein straßenverkehrsrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann.

So kann es sein, daß es zwar zu einer Vorfahrtverletzung kam, jedoch der Vorfahrtberechtigte seinerseits mit stark überhöhter Geschwindigkeit an die Unfallstelle heranfuhr. Oder ein Linksabbieger schafft durch rechtzeitiges Blinken, deutliches Herabsetzen seiner Geschwindigkeit und weitestgehendes Einordnen nach links eine sog. unklare Verkehrslage, woraufhin es zur Kollision kommt, weil ein nachfolgender Kfz-Führer dennoch zum Überholen ansetzt, und der Linksabbieger infolge Versäumung der notwendigen sog. zweiten Rückschau dieses Überholmanöver übersehen hat.

Die bei den zahllosen Unfallvarianten denkbaren Möglichkeiten sind zu vielgestaltig, um sie hier auch nur überblickartig behandeln zu können. Jedoch lässt sich leicht ersehen, dass es gerade um das Problem einer Mitverursachung und Mitverantwortung immer wieder zu heftigem Streit bei der Schadensregulierung kommen wird. Aus diesem Grund haben bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge die besonderen Beweisgrundsätze des Straßenverkehrsrechts eine hohe Bedeutung.

Wo Menschen menschliches Verhalten bewerten müssen, kann es keine mathematisch vorhersagbaren Ergebnisse geben. Deshalb gibt es auch zu vielen Unfallkonstellationen sehr unterschiedliche Gerichtsurteile. Letztlich entscheiden immer die besonderen Umstände jedes Einzelfalls über die Ergebnisse einer Haftungsabwägung.

Es muss aber festgehalten werden, dass für die Zuweisung eines Mitverschuldens nur solche Tatsachen verwertet und berücksichtigt werden dürfen, die entweder feststehen, also von keinem Beteiligten bestritten werden, oder die im Bestreitensfall von der beweispflichtigen Partei bewiesen werden können. Beweispflichtig für Tatsachen, die ein Mitverschulden begründen sollen, ist immer die Partei, die sich auf das Mitverschulden beruft.